Forum: Qualitative Social Research (Sep 2015)

Review Essay: Das dialogische Selbst zwischen simultaner Pluralität und Halt verleihenden Sprachpraktiken

  • Marie-Cécile Bertau

Journal volume & issue
Vol. 16, no. 3

Abstract

Read online

"Das dialogische Selbst" von Frank-M. STAEMMLER ist ein wichtiger Beitrag zu einem dialogischen Menschenbild, das von verschiedenen Seiten als Alternative zur methodologischen Individualismus formuliert wird. Der Zusammenhang zwischen einer dialogischen Theorie des Selbst und konkreten therapeutischen Techniken wird einleuchtend hergestellt; klar wird dabei, dass dialogisches Denken eine Herausforderung an tradierte Denkmuster ist. Es sabotiert die Denkfigur der "abgelösten Vorgängigkeit" (BERTAU 2015) (von "Ich", "Selbst") zugunsten des je tatsächlichen Geschehens. Allerdings können Pluralität und Dynamik, Performativität und Gegenwärtigkeit des Geschehens ihrerseits nicht beliebig sein und bloß emergent, sie erfahren vielmehr eine Struktur, ohne die sie nicht (wieder-) erkennbar wären. Wie das Verhältnis von Geschehen und Struktur zu denken ist, scheint mir eine der Kernfragen des dialogischen Denkens zu sein. Nach einer formalen Betrachtung und inhaltlichen Übersicht des Buchs diskutiere ich diese Frage entlang STAEMMLERs eigenen Ideen über zwei Themen: Pluralität und Sprache. Das Verhältnis von Geschehen und Struktur ist demnach über die sprachliche Form in der Zeit, über die Zeit, zu denken. Angeredetwerden von einem "Du", das immer auch das allgemeine "Man" (oder "Wir") stellvertritt, verleiht dem "Ich" als dialogischem Selbst Stabilität in der Vielfalt. Der Schritt zur Öffnung der Intersubjektivität ins Öffentliche wird damit als notwendiges Moment zur Überwindung des Individualismus angesehen. URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs1503298

Keywords