Zeitschrift für Praktische Philosophie (Sep 2023)

Zwei Begriffe der Wissenschaftsfreiheit

  • Karsten Schubert

DOI
https://doi.org/10.22613/zfpp/10.1.2
Journal volume & issue
Vol. 10, no. 1

Abstract

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Wissenschaftsfreiheit wird vorherrschend als Freiheit der Wissenschaft von politischer Einmischung verstanden. Der Artikel kritisiert dieses negative Verständnis von Wissenschaftsfreiheit anhand einer Analyse seines prominentesten Vertreters, dem Netzwerk Wissenschaftsfreiheit, das damit eine Politisierung einseitig den Vertreter*innen gesellschaftskritischer Ansätze zuschreibt, während es die eigene Position als ‚rein wissenschaftlich‘ und politisch neutral dargestellt. Demgegenüber schlägt der Artikel ein kritisches Verständnis von Wissenschaftsfreiheit vor, das seine Politizität reflektiert. Ausgehend von der Analyse, dass starre Macht- und Privilegienstrukturen das zentrale Hindernis für die gemeinsame Arbeit an wissenschaftlicher Objektivität sind, geht es beim kritischen Begriff der Wissenschaftsfreiheit um die Reflexion und Transformation des Verhältnisses von Wissenschaft und Politik. Dabei steht die Diversifizierung von Zugangschancen und Standpunkten innerhalb der Wissenschaft im Mittelpunkt – also die Neuverteilung von Macht und Privilegien. Der Artikel entwickelt dieses Verständnis aus einer Diskussion des Verhältnisses von Wissenschaft und Politik in zwei philosophischen Begründungsmöglichkeiten der Wissenschaftsfreiheit und aus einer Rekonstruktion der kritischen politischen Theorie, insbesondere der foucaultschen Machttheorie und der feministischen Standpunkttheorie. Er zeigt auf dieser Grundlage, dass drei verschiedene Arten der Diversifizierung der Wissenschaft – intern, extern-institutionell und extern-aktivistisch –, die vom vor dem Hintergrund des negativen Begriffs als Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit verstanden werden, tatsächlich zu ihrer Verbesserung beitragen.

Keywords