Raumforschung und Raumordnung (Nov 1990)
Zur Bedeutung der Wohnungspolitik für die Regionalpolitik und Raumordnung
Abstract
Die Diskussion um eine neue Wohnungsnot und die seit Herbst 1988 beschlossenen wohnungspolitischen Maßnahmen sollten nicht nur Anlaß für eine Überprüfung der bisherigen Konzepte und Förderpraxis in der Wohnungspolitik, sondern auch der im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" betriebenen Regionalpolitik sein. Eine allgemeine Wohnungsnot besteht nicht. Die partiellen Engpässe am Wohnungsmarkt haben zwei ganz unterschiedliche Ursachen: ein "massives wohlstandsbedingtes Nachfragewachstum" (G. Hasselfeldt) nach zusätzlichem Wohnraum und einen durch den Zustrom von Aus- und Übersiedlern verstärkten Bedarf an bezahlbaren und familiengerechten Wohnungen für einkommensschwache Haushalte. Neben der allgemeinen Einkommensentwicklung haben dazu auch die wohnungspolitischen Maßnahmen seit Anfang der 80er Jahre beigetragen: die vielfältige staatliche Förderung der Bildung von Wohneigentum und die Vernachlässigung des Mietwohnungsangebots. Da die Lage am Wohnungsmarkt in zunehmendem Maße die räumliche Mobilität der Erwerbspersonen beeinflußt, sollten wohnungspolitische Maßnahmen auch unter arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten gesehen werden. Eine erhebliche Zunahme der Pendlerströme (auch Fernpendler), abnehmende Bereitschaft, den Wohnort zu wechseln (an der einmal erworbenen Immobilie wird fest gehalten), dazu ständig steigender Flächenverbrauch für Wohnungsbau und technische Infrastruktur weisen auf Fehlentwicklungen hin, die durch die neuen wohnungspolitischen Maßnahmen eher verstärkt als abgeschwächt werden könnten. Eine "Neubestimmung der Entscheidungsgrundlagen im Bereich der Wohnungs- und Siedlungspolitik” (W. Schramm) scheint notwendig geworden zu sein. Die Regionalpolitik war bisher wesentlich mehr an den Zielen der allgemeinen Wirtschaftspolitik als an den Grundsätzen der Raumordnungspolitik orientiert. Zu wenig wird die "Raumwirksamkeit", d.h. die mit den Maßnahmen direkt und indirekt verbundene Flächeninanspruchnahme, berücksichtigt. Eine Verbesserung der regionalen Flächennutzungsstrukturen durch eine "geordnete Flächenhaushaltspolitik", wie sie seit Jahren von der Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL) gefordert wird, sollte unverzichtbarer Bestandteil der Regionalpolitik werden.