Zeitschrift für Fantastikforschung (Oct 2019)

Phantastik in der Pädagogik: Kinderschrecken – das magische Denken im Spiegel erzieherischer Absicht und Funktion

  • Laura Flöter

DOI
https://doi.org/10.16995/zff.789
Journal volume & issue
Vol. 7, no. 1

Abstract

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Ob Babadook, Sandmann oder Boogeyman: Kinderschreckfiguren gehören längst zum Motivfundus phantastischen Erzählens und sind so zum Forschungsobjekt der Geisteswissenschaften geworden. Eigentlich aber haben sie ihren angestammten Platz in einer ganz anderen Disziplin: Der Kinderschreck gehört ursprünglich ins Reich der Pädagogik. Ursprünglich Figuren aus der regionalen Folklore oder Entitäten allgemeinen Spuk- und Dämonenglaubens, entdeckte im Grunde erst die Schwarze Pädagogik die Macht, welche die geschickte Ansprache kindlicher Vorstellungen und Ängste dem Erziehenden über seinen Zögling gab – die Kinderschreckfigur ist deren zynische Verkörperung: Erst das sogenannte magische Denken, das Kinder in einer umschreibbaren Entwicklungsphase zeigen (und das sich ironischerweise als Vorstufe des genuin rationalen Denken verstehen lässt), erlaubt, das Phantastische zum Mittel von Erziehung zu machen. Dieser Vortrag beschäftigt sich mit der Entstehungsgeschichte dieser besonderen Erscheinungsform des Phantastischen, mit seinem Ursprung und den gesellschaftlichen, sozialen und pädagogischen Mechanismen, welche es in Schreckensgestalt bekleidet – und die ihre Inszenierung in Film, Literatur oder bildender Kunst motivieren. Dazu gehört schließlich auch die Frage nach dem „Realitäts-Status“ der Kinderschreckfigur – einem Geschöpf zwischen (phantastischer) kindlicher Einbildung und (reeller) erwachsener Machtausübung.

Keywords