Medien & Kommunikationswissenschaft (Nov 2022)

Albert E. F. Schäffle: Gesellschaft als kommunikatives Netzwerk

  • Philomen Schönhagen,
  • Mike Meißner

DOI
https://doi.org/10.5771/1615-634X-2022-4-423
Journal volume & issue
Vol. 70, no. 4
pp. 423 – 445

Abstract

Read online

Der Beitrag beschäftigt sich mit dem Hauptwerk des Nationalökonomen Albert E. F. Schäffle, Bau und Leben des socialen Körpers, dessen Erstauflage zwischen 1875 und 1878 erschienen ist. Aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht ist es interessant, dass Schäffle damals bereits die Gesellschaft als kommunikatives Netzwerk konzipiert hat, mit Individuen und Gruppen als Knotenpunkten. Dabei verstand er die Massenmedien, d. h. damals die Presse und vor allem die Tageszeitungen, prinzipiell als Foren, die einen wechselseitigen Austausch in der Gesellschaft ermöglichen. Allerdings bemerkte - und kritisierte - er auch die Einflussnahme der Presse auf den gesellschaftlichen Diskurs. Gleichzeitig entwickelte Schäffle ein Verständnis von Öffentlichkeit als Sphäre öffentlicher Kommunikation bzw. des gesellschaftlichen Austauschs. Somit könnte Schäffles Werk als Grundlage dienen, um ein Paradox in unserem Fach zu überwinden: Einerseits wird Öffentlichkeit als ein Ort von gesellschaftlichen Diskursen konzipiert, die vornehmlich auf der Ebene der Massenmedien stattfinden. Andererseits wird Massenkommunikation nach wie vor als einseitig, also nicht diskursiv konzipiert. Schäffles Werk dagegen versteht sowohl Öffentlichkeit als auch Massenkommunikation in diskursivem Sinne.