Verfassungsblog (Sep 2022)
Kindeswohl schlägt Elternrecht
Abstract
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsbeschwerden gegen die Auf- und Nachweispflicht von Impfschutz gegen Masern (kurz: „Masernimpfpflicht“) hat – wie schon die Entscheidung über die Eilanträge vor rund zwei Jahren – viel Aufmerksamkeit erregt. Sie ist in den vergangenen Wochen bereits Gegenstand verschiedener Beiträge geworden. Dennoch lohnt sich ein weiterer Blick auf den zuvor mit Spannung erwarteten und kontrovers diskutierten Beschluss, weil die attestierte Verfassungskonformität des § 20 Abs. 8 S. 3 IfSG trotz ausschließlicher Verfügbarkeit von Kombinationsimpfstoffen nicht nur für die Impfpflichtigen selbst von Bedeutung ist. Vielmehr offenbart der Beschluss in diesem Punkt ein (zu?) weites Verständnis der Einschränkbarkeit der elterlichen Gesundheitssorge (Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG) zugunsten des Kindeswohls.