Zeitschrift für Praktische Philosophie (Dec 2019)

Populismus, Liberalismus und Nationalismus

  • Volker Kaul

DOI
https://doi.org/10.22613/zfpp/6.2.9
Journal volume & issue
Vol. 6, no. 2

Abstract

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Der Populismus stellt die Nation über alles und verteidigt den Nationalismus auf der Grundlage einer moralischen Pflicht, die sich aus der nationalen Zugehörigkeit ableitet. Das moralische Gerüst des Populismus ist dabei dem des Kommunitarismus ähnlich, auch wenn Letzterer die Fremdenfeindlichkeit, den Chauvinismus und die Aggressivität der Populisten anprangert. Mittlerweile gehen auch viele Liberale davon aus, dass die derzeitige politische Krise nur mit der Vernachlässigung der Idee der Nation in den letzten Jahrzehnten zu erklären sei. Deswegen sprechen sie sich zugunsten des Nationalismus aus. Sie betonen jedoch, dass der liberale Nationalismus nicht mit dem populistischen Nationalismus zu verwechseln sei. Dort, wo der Populismus sich in Opposition zum Liberalismus gebildet habe, gründe sich liberaler Nationalismus hingegen auf individuelle Freiheit. Dieser Aufsatz setzt sich mit der Frage auseinander, ob der Nationalismus sich aus liberaler Sicht rechtfertigen lässt. Er vertritt die These, dass der Liberalismus mit dem Nationalismus unvereinbar ist. Der Nationalismus kann weder positive noch negative Freiheit rechtfertigen. Erstens ist jede Form des Nationalismus von einem moralischen Standpunkt aus gesehen relativistisch, in dem Sinne, dass sich nicht sagen lässt, ob die Nation moralische Werte verwirkliche oder nicht. Zweitens kann nur persönliche Identität und nicht individuelle Freiheit den Ursprung des Nationalismus bilden. Die daraus resultierende Pflicht zur nationalen Solidarität steht allerdings im Gegensatz zu grundlegenden Freiheitsrechten. Der Aufsatz schließt mit dem Vorschlag, dass der Nationalismus regiert und gestaltet werden muss, um dem Populismus zu begegnen.

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