Monitor Versorgungsforschung (Nov 2021)

Krankenhaussterblichkeit bei Covid-19: Auch in der dritten Welle fehlen effektive Therapieoptionen

  • Prof. Dr. med. Jürgen Stausberg,
  • Dr. med. Bettina Beinhauer,
  • Thomas Jungen,
  • Prof. Dr. med. Michael Karaus,
  • Dr. med. Guido Lerzynski MSc MBA,
  • Dr. med. Christoph Scheu MBA

DOI
https://doi.org/10.24945/MVF.06.21.1866-0533.2359
Journal volume & issue
Vol. 2021, no. 11
pp. 80 – 84

Abstract

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Mit der dritten Welle der Corona-Pandemie lagen Erfahrungen zur stationären Versorgung von Patienten mit Covid-19 über 1,5 Jahre vor. Therapiefortschritte mit Verbesserung der Sterblichkeit waren daher zu erwarten. Zu deren Beleg wurde eine Analyse von Routinedaten aller Aufnahmen zwischen dem 1.1.2020 und 31.6.2021 aus 62 kirchlichen Krankenhäusern mit Entlassung in diesem Zeitraum durchgeführt. Neben einer allgemeinen Beschreibung der Behandlungsfälle aus allen drei Wellen der Pandemie wurde eine Matched-Pairs-Analyse zum Ausgleich unterschiedlicher Zeiträume der Nachbeobachtung sowie eine multivariate logistische Regression zur Abschätzung des Einflusses der Wellen auf die Sterblichkeit durchgeführt. Bei 1.119.665 stationären Behandlungsfällen konnten 18.044 Patienten mit Covid-19 eingeschlossen werden. Bei unverändertem Anteil von beatmeten Patienten sank die Beatmungsdauer von 384,1 Stunden auf 226,2 Stunden in der dritten Welle bei gleichzeitigem Anstieg des Anteils von Fällen mit nichtinvasivem Beatmungsversuch von 25,1% auf 77,1%.Dennoch lag die Sterblichkeit bei Beatmung nahezu unverändert bei 39,1% im Vergleich zu 42,0% in der ersten Welle. Hingegen halbierte sich die Sterblichkeit bei nicht beatmeten Patienten. In der Matched-Pairs-Analyse fanden sich keine statistisch signifikanten Unterschiede der Sterblichkeit zwischen den Wellen, die auch in der logistischen Regression keinen statistisch signifikanten Einfluss auf die Sterblichkeit hatten. Damit sind trotz massiver Umstellung der Beatmungsstrategie keine Verbesserungen der Sterblichkeit zu erkennen. Der Rückgang erklärt sich hingegen vermutlich durch eine Altersverschiebung zu jüngeren Patienten. Der Wechsel von der Inzidenz zur Hospitalisierungsrate als führendem Indikator zur Steuerung bevölkerungsbezogener Maßnahmen der Infektionsprophylaxe muss daher kritisch diskutiert werden. Ohne Verbesserung der Sterblichkeit im Krankenhaus wird eine Orientierung an der Auslastung von stationären Ressourcen zu einer stärkeren Krankheitslast sowie zu einer absolut steigenden Anzahl von Todesfällen bei der jüngeren Generation führen.

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