Magazin erwachsenenbildung.at (Nov 2023)
Lesen, hören, teilnehmen. Kleine Geschichte zur Entdeckung der Nichtteilnahme in der Erwachsenenbildung
Abstract
1957 erforschte Wolfgang Schulenberg in der sog. „Hildesheim-Studie“ empirisch die Umstände und Gründe für das Ausbleiben von Weiterbildungsteilnahmen; 1964 stellte Hans Tietgens die Frage, warum „wenige Industrie-Arbeiter*innen in die Volkshochschule“ kommen. Dies zeigt, dass ein neuer Forschungsgegenstand – die Nichtteilnahme – Kontur und Gestalt annahm. Eine wichtige Voraussetzung für diese Bewegung war, dass Erwachsene als Adressat*innen im Volksbildungswesen empirisch als „Leser“ und „Hörer“, später mehr und mehr als „Teilnehmer“ auf die Forschungsbühne geholt wurden. Darüber hinaus erhielt in den 1950er/60er Jahren die sozialwissenschaftliche Forschung gegenüber der geisteswissenschaftlichen Forschungstradition in der Erwachsenenbildung einen Aufschwung („realistic approach“), in der Themen wie Nicht-Teilnahme gut Platz finden. Nach dem 2. Weltkrieg wurde in der Volksbildung der Wiederaufbau relevant, wobei das Fernbleiben potenzieller Teilnehmer*innen von Erwachsenenbildungsveranstaltungen zum Thema wurde. Diese kleine Geschichte zur Hervorbringung des Untersuchungsgegenstands Nichtteilnahme zeigt den wissenschaftsgeschichtlichen Hintergrund gegenwärtiger Forschungsgegenstände wie „Teilnehmerschwund“, „Teilnehmerfluktuation“, „Dropout“, „Bildungsabstinenz“ oder „Widerstand gegen Bildung“, zeigt Zusammenhänge auf und lädt ein, diese Untersuchungsgegenstände weiter auszuleuchten. (Red.)