027.7 (Sep 2022)

Erwerbung an den Rändern der bibliothekarischen Sammlung – Graue Literatur und „Gender in MINT“ als Beispiele für die Inklusivität der Wissenslandschaft

  • Sahra Dornick,
  • Susanne Maier

DOI
https://doi.org/10.21428/1bfadeb6.edff7688
Journal volume & issue
Vol. 9, no. 4

Abstract

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Der Beitrag geht der Frage nach, inwiefern die Erwerbung in Bibliotheken auch Randbereiche berücksichtigen kann und ob diese für eine zeitgemässe Bestandswicklung und für die Inklusivität der Wissenslandschaft relevant sind. Als Einstieg in das Thema werden aktuelle Debatten zur Erwerbungspolitik in der Bibliotheks-Community aufgezeigt. Flankierend fächert eine Situationsmap die von den Autorinnen erarbeitete Skizzierung der verschiedenen Facetten der Erwerbung visuell auf. Auf Basis von strukturierten Interviews und gesammelten Erfahrungsberichten mit Expert:innen der Erwerbung dienen Best-Practice-Analysen als verdichtende Beispiele für mögliche Diversität im Bestandsaufbau. Unter Einbeziehung der Methodik des Denklabors rücken zwei Fallbeispiele in den Fokus, zum einen die Kanonbildung in der Erwerbung – hier geht es um drei sehr spezifische Erwerbungsbereiche der Staatsbibliothek zu Berlin: Amtliche Publikationen, E-Books jenseits des Mainstreams und der Publikationsmarkt Japans – und zum anderen die Erwerbung von Literatur zu Gender und Diversity in MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) in der Genderbibliothek/Informations- und Dokumentationsstelle des Zentrums für transdisziplinäre Geschlechterstudien der Humboldt-Universität zu Berlin. Allen Beispielen ist gemeinsam, dass ein spezifischer Sammlungsaufbau sehr spezifische Markt- und Fachkenntnis und intensive Vernetzung sowohl auf bibliothekarischer wie auch auf fachlicher Ebene voraussetzt. Ein weiterer Befund ist, dass nur mit verteilen Schwerpunkten und untereinander abgestimmten Profilen dafür gesorgt werden kann, dass bestimmte schwierig zu erwerbende Publikationsbereiche abgedeckt sind. Ein zusätzlicher Ertrag dieses Textes ist, dass das Denklabor und der intensive Austauschprozess zwischen den Autorinnen zu einem neuen Verständnis der jeweiligen Community führt und immer wieder auf die Situiertheit und Partialität der Perspektiven hinweist. This paper explores the question if acquisition in libraries could also take marginalised areas into account and whether these are relevant for contemporary collection development and for the inclusivity of the knowledge landscape. As an introduction to the topic, we are highlighting some current debates on acquisition policy in the library community. A situation map visually spreads out the authors' outline of the various facets of acquisition. On the basis of structured interviews and collected experience reports with acquisition experts, best practice analyses serve as condensed examples of diversity in collection development. Using the methodology of “living labs”, the focus is on two case studies: firstly, canonical acquisition – here, the focus is on three very specific acquisition areas of the Berlin State Library: official publications, e-books beyond the mainstream and the publication market of Japan – and secondly, the acquisition of literature on gender and diversity in STEM in the Gender Library/Information and Documentation Centre of the Centre for Transdisciplinary Gender Studies at the Humboldt-Universität zu Berlin. All the examples share that specific collection building requires very specific market and subject knowledge and intensive networking at both library and subject level. Another finding is that only distributed focal points and coordinated profiles can ensure that certain publication areas are covered. Further outcome: The living lab and the intensive process of exchange between the authors leads to a new understanding of the respective community and repeatedly points to the situatedness and partiality of the perspectives.