Studia Historiae Oeconomicae (Jun 2009)
Deutsche Besatzungsherrschaft in Polen 1939-1945. Annexionspolitik - Bevölkerungstransfer - Terror - Vernichtung
Abstract
Kein anderes Land in Europa war während des Zweiten Weltkrieges so lange von den Deutschen besetzt wie Polen - keine andere Nation hat solche Opfer an Menschen und materiellen Werten erbracht wie die polnische. Nahezu fünfeinhalb Jahre standen Soldaten der Wehrmacht, Spezialtruppen der SS und andere mili- tärische Sondereinheiten auf polnischem Territorium, begleitet von einer zahllosen Schar dienstverpflichteter oder auch freiwillig zum Osteinsatz aufgebrochener ziviler Administratoren, die sich des Gewalt- und Vernichtungsapparats häufig nach Gutdünken bedienten oder auch mit ihm haderten. Die Nationalsozialisten verwan- delten Polen in ein Totenhaus und brachten das polnische Volk an den Rand seiner physischen Existenz. Von den bei Kriegsbeginn im Lande beheimateten 35,1 Mio. Menschen lebten bei Kriegsende etwa 6 Mio. nicht mehr. Die überwältigende Mehrheit von ihnen waren Zivilisten und Opfer deutscher Besatzungspolitik, auch wenn die sowjetische Besatzungszeit in Ostpolen von etwa 19 Monaten ebenfalls ihre Blutspuren hinterlassen und in ethnischen Konflikten mit den Ukrainern viele Polen, etwa 100.000, ihr Leben gelassen hatten. Die deutsche Besatzungsherrschaft in Polen lässt sich bestenfalls mit einem ähnlichen Vorgehen in Serbien und ab Juni 1941 auf dem Gebiet der Sowjetunion vergleichen, entzieht sich aber der europäi- schen Dimension. Das besetzte Frankreich und das besetzte Polen sind im Grunde nicht vergleichbar.