GMS Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (Aug 2009)

Hämodynamische Analyse und Klassifikation der Gefäßstrukturen bei Patienten mit zerebralen arteriovenösen Malformationen

  • Möller, Dietmar,
  • Illies, Till,
  • Fiehler, Jens,
  • Säring, Dennis,
  • Forkert, Nils Daniel,
  • Handels, Heinz

Journal volume & issue
Vol. 5, no. 3
p. Doc19

Abstract

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Hintergrund: Eine zerebrale arteriovenöse Malformation (AVM) ist eine Gefäßmissbildung im Gehirn, die sich durch das Fehlen eines kapillaren Gefäßbettes mit abnormem Kurzschluss zwischen dem arteriellen und dem folgendem venösen System auszeichnet, dem sog. Nidus. Die veränderten hämodynamischen Bedingungen resultieren in neurologischen Ausfällen sowie in dysplastischen Veränderungen der zu- und abführenden Gefäße und daraus folgenden erhöhten Blutungsrisiko. Zielsetzung: Für die diagnostische Beurteilung der AVM sind Informationen über die individuelle Gefäßstruktur und die Hämodynamik von besonderem Interesse. In diesem Beitrag wird ein Verfahren zur Extraktion von Parametern zur Beschreibung der Hämodynamik präsentiert. Aufbauend hierauf werden Verfahren zur automatischen Detektion des Nidus der arteriovenösen Malformation sowie der zuleitenden (Feeder), ableitenden (Drainagevenen) und „en passage“-Gefäße vorgestellt. Als Eingabe hierfür dienen hochaufgelöste 3D- sowie zeitlich-räumliche 4D-MRT-Bildsequenzen. Methoden: Bei der vorgestellten Methode wird zunächst in den 3D-MRT-Bilddaten das Gefäßsystem semi-automatisch segmentiert. Auf Basis eines neuen Verfahrens zur Charakterisierung der Hämodynamik durch Bestimmung des Einflusszeitpunktes des Kontrastmittels mittels referenzbasierter Kurvenanpassung wird in einem weiteren Schritt in den zeitlich-räumlichen MR-Bildfolgen für jedes Voxel der zeitliche Signalverlauf analysiert. Zusätzlich wird die Flussgeschwindigkeit des Kontrastmittels diskret approximiert. Anschließend werden die extrahierten Parameterbilder mittels eines nicht-linearen Registrierungsverfahrens automatisch auf das segmentierte Gefäßsystem übertragen. Durch eine kombinierte Analyse der Intensität, der Geschwindigkeit und des relativen Einflusszeitpunktes des Blutes werden Gefäßstrukturen automatisch charakterisiert. Ergebnisse: Zur Evaluation der vorgestellte Methode standen 19 Datensätze von Patienten mit diagnostizierter AVM zur Verfügung. Durch Anwendung der neuen Methode zur Beschreibung der Einströmzeitpunkte konnten Artefakte in Form von starken zeitlichen Sprüngen zwischen den Einflusszeitpunkten benachbarter Voxel deutlich verringert werden. Die Detektion des Nidus wurde anhand von manuellen Segmentierungen validiert und ergab eine mittlere Volumenübereinstimmung von ca. 88%. Drainagevenen und Feeder konnten mit einer Genauigkeit von 95% detektiert werden. Schlussfolgerung: Die vorgestellte Methode ermöglicht eine robuste automatische Detektion des AVM-Nidus sowie eine Klassifikation der Gefäße. Eine visuelle Begutachtung durch erfahrene Neuroradiologen ergab, dass bei Verwendung der vorgestellten Methode zur Charakterisierung des Blutflusses mittels referenzbasierter Kurvenanpassung dieser besser dargestellt werden kann, als bei der Verwendung konventioneller Parameter. Die Detektion von zuleitenden und ableitenden Gefäßen unterstützt den Mediziner bei der räumlichen Beurteilung der arteriovenösen Malformation. Die Detektion der „en passage“-Gefäße ist besonders hinsichtlich der Planung von neurochirurgischen Eingriffen von hoher Bedeutung.

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