Журнал интегративных исследований культуры (Nov 2019)

Was man von Erich Auerbachs Mimesis lernen kann — und was eher nicht. Eine persönliche Reflexion

  • Hendrik Birus

DOI
https://doi.org/10.33910/2687-1262-2019-1-2-94-104
Journal volume & issue
Vol. 1, no. 2

Abstract

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Auerbachs Mimesis wird heutzutage oft als altmodisch und naiv abgetan. In jüngster Zeit wurde dieses Buch über die Dargestellte Wirklichkeit in der abendländischen Literatur aber von prominenten Literaturwissenschaftlern in den USA (E. Said, F. Jameson, S. Greenblatt) als eine neue Weise, die Geschichte der westlichen Literatur zu schreiben, gerühmt. Auerbach selbst sah die Stärke seines Buchs nicht in der Arbeit des Begriffes, sondern in der Vermittlung lebendiger Anschauungen mittels eines vergleichenden close reading kürzerer Textausschnitte aus mehr als zwei Jahrtausenden von Literaturgeschichte. Aber diese programmatische Theorielosigkeit trügt. Denn ohne terminologischen Aufwand gelingt es ihm, philosophische Konzeptionen Platos und Aristoteles’, Descartes’ und Kants literaturwissenschaftlich nutzbar zu machen. Dies gilt vor allem für seine stillschweigende Anknüpfung an die Schleiermachersche Hermeneutik: sein Programm der ‚grammatischen Interpretation‘, seine ‚comparative Methode‘ wie überhaupt seine Fundierung der Auslegung schriftlicher Werke durch die Auslegung des ‚bedeutsamen Gesprächs‘. Wie luzide Auerbach hinsichtlich seines eigenen modus operandi war, zeigt sein abschließender Vergleich des Vorgehens modernen Schriftsteller mit dem einiger moderner Philologen, das er nun an seiner eigenen Untersuchung exemplifiziert. Wenn diese, wegen Auerbachs erzwungener Emigration in Istanbul, nur gelegentlich auf die Einzelforschung Bezug nehmen kann und so beispielsweise hinsichtlich des Isaak-Opfers (Kap. 1) Defizite zur gleichzeitigen alttestamentlichen Wissenschaft (z. B. G. von Rad) aufweist, so sind seine Interpretationen doch generell so anschlussfähig, dass solche einzelwissenschaftlichen Ergebnisse durchaus in den größeren Zusammenhang der Wirklichkeitsdarstellung in der abendländischen Literatur integrierbar erscheinen.

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