Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie (Jan 2016)

Tonalität als geschichtliches System. ›Dogmatische Denkform‹ und historischer Nachweis

  • Michael Polth

DOI
https://doi.org/10.31751/862
Journal volume & issue
Vol. 13, no. Sonderausgabe [Special Issue]
pp. 53 – 70

Abstract

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Die Entstehung der harmonischen Tonalität bereitet einer wissenschaftlichen Erklärung insofern Schwierigkeiten, als Tonalität einen Gegenstand darstellt, der einerseits Systemcharakter besitzt, der andererseits aber geschichtlich aus dem allmählichen Zusammenwachsen der ihn konstituierenden Momente hervorgegangen ist. Das Verstehen eines Systems und dasjenige einer historischen Entwicklung setzen unterschiedliche Beobachtungsstrategien und Methoden der Absicherungen von Wissenschaftlichkeit voraus. Das Spannungsverhältnis zwischen diesen beiden Strategien prägt unterschwellig den Charakter der Untersuchungen über die Entstehung der harmonischen Tonalität von Dahlhaus, weil es vom Autor zwar meist geschickt verdeckt, aber letztlich nicht beseitigt wird. The development of harmonic tonality creates difficulties for a scientific rationale in so far as tonality, on the one hand, can be regarded as an object of systemic nature, but on the other hand, has emerged historically from the gradual convergence of its constitutive elements. Understanding a system and understanding a historical development call for different strategies of perception and methods of securing scientificity. The tension between these two strategies has a subliminal influence on the nature of Dahlhaus’s Studies on the Origin of Harmonic Tonality since the author succeeds – for the most part subtly – in concealing this tension but ultimately fails to resolve it.

Keywords