Forum: Qualitative Social Research (May 2023)

Die wahre Geschichte eines Schweizers, der auszog, das Forschen zu lernen: Ernst Boeschs Psychologie und relationale Hermeneutik

  • Jürgen Straub

DOI
https://doi.org/10.17169/fqs-24.2.3939
Journal volume & issue
Vol. 24, no. 2

Abstract

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Ernst BOESCH gehört zu den bedeutenden Psychologen des 20. und frühen 21. Jahrhunderts. Seine seit den 1950er Jahren unternommenen Bemühungen um die Entwicklung einer "symbolischen Handlungstheorie" führten ihn zum Entwurf einer originellen Kulturpsychologie, die er auf der Grundlage seiner (Forschungs-)Erfahrungen in Thailand entwickelte und sodann an immer neuen Fragestellungen und Gegenständen bewährte. Im Beitrag wird dargelegt, dass BOESCHs jahrelange kulturelle Fremdheitserfahrungen der entscheidende Anlass für theoretische und methodische Innovationen waren. Persönliche Begegnungen und expansive Lernerfahrungen, die ihn sukzessive Thai sprechen und eine zuvor völlig unvertraute kulturelle Lebensform kennenlernen ließen, waren die lebensweltliche Voraussetzung für seine wissenschaftlichen Erträge und Innovationen. Diese existenzielle Basis führte BOESCH in der empirischen Forschung, Begriffs- und Theoriebildung zu einer relationalen Hermeneutik, in der jede allzu scharfe Unterscheidung zwischen Forschungssubjekt und -objekt merklich gelockert ist. Nachdem dies dargelegt wurde, werden einige weitere Prinzipien und bleibende Stärken, aber auch Schwächen und – nicht zuletzt methodische – Defizite dieser handlungstheoretischen Kulturpsychologie erörtert.

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