Materiale și Cercetări Arheologice (Oct 2012)

Der archäologische Niederschlag der Christianisierung des donaubulgarischen Reiches (864/5)

  • Fiedler, U.

DOI
https://doi.org/10.3406/mcarh.2012.917
Journal volume & issue
Vol. 8
pp. 107 – 137

Abstract

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Grabfunde, Langwälle, umwallte Anlagen, Devtašlar (Seelensteine) und Steininschriften helfen die Strukturen des heidnischen Bulgariens zu umschreiben. Die Inschriften mit runenartigen Zeichen, insbesondere das weit verbreitete IYI-Zeichen, dürften aber erst in die Zeit nach der Christianisierung gehören. Diese vollzog sich 864 oder 865 auf militärischem Druck der Byzantiner und setzte an der Führungsschicht an. Als Folge davon gaben Bulgaren und Slawen zur gleichen Zeit ihre spezifischen Bestattungssitten auf und praktizierten hinfort nur noch die Körperbestattung mit Kopf im Westen ohne Speise-oder Trankbeigaben, gleichwohl mit Schmuckausstattung. Wie sich am heidnischen Kindergrab 79 von Kjulevča mit einem Kreuzanhänger demonstrieren lässt, genügen einzelne Beigaben mit christlichem Charakter nicht, um deren Träger für christlich zu erklären. Den Bestattungssitten kommt mehr Gewicht zu. Ein Zeugnis dieser heidnischen Reaktion gegen den Glaubenswechsel könnte das sog. Kreisgrab am Rande des dritten Gräberfeldes von Devnja sein, worin die Reste von mindestens niedergemetzelten 70 Individuen aufgedeckt worden sind. Die frühe christliche Sakralarchitektur bietet reichlich Ansatzpunkte für vertiefende Forschungen. Im heutigen Nordost-Bulgarien ist allerdings keiner der Kirchenbauten des 9./ 10. Jahrhunderts im Aufgehenden erhalten geblieben, vielmehr sind die Grundrisse nur im Rahmen von Ausgrabungen freigelegt worden, insbesondere jeweils mehr als dreißig in den beiden Zentren Pliska und Preslav. In die erste Periode nach der Christianisierung werden die basikalen Bauten bzw. die verkürzten Basiliken eingestuft, die wohl auf westliche Vorbilder zurückgehen und besonders mit Pliska verbunden sind. Wegen des Vorkommens von sechs basilikalen Bauten im Großraum Preslav dürften die Kreuzkuppelkirchen aber erst nach der Verlegung der Hauptstadt nach Preslav (893) im Laufe des 10. Jahrhunderts die basilikalen Bauten verdrängt haben. Eine herausragende Position nimmt mit 52,5 m Länge die sog. Große Basilika in der äußeren Stadt von Pliska ein. Sie ist noch im 9. Jahrhundert errichtet worden. Im Bereich ihrer Vierung hat Totju Totev 1972 einen kreuzförmigen Vorgängerbau freigelegt, der sich nur noch durch das von Pflockreihen perforierte Mörtelbett seiner Fundamentierung nach byzantinischer Art abzeichnete. Die größte Beachtung unter den zahlreichen, spekulativen Deutungen des kreuzförmigen Baus dürfte die von Pavel Georgiev als christliches Martyrium eines bulgarischen Prinzen gefunden haben. Glaubwürdiger ist Canko Canevs Interpretation als erste Taufkirche, in der sich der offizielle Akt der Christianisierung der Bulgaren abgespielt hat. Einen weiteren wichtigen und frühen Sakralbau stellt die sog. Palast-oder Hofkirche vor der innersten Ummauerung (Zitadelle) im Zentrum der inneren Stadt von Pliska dar. Bemerkenswert ist, dass hier in den ersten beiden Bauphasen dieselbe Art der Fundamentierung wie bei dem kreuzförmigen Bau unter der Großen Basilika angewendet hat. Am Anfang steht ein Mauerrechteck (36 × 26 m), in dem ein weiteres Rechteck (23,6 × 14,7 m) eingeschrieben war. Dieser Grundriss stellt den bei weitem größten einer recht heterogenen Gruppe von nunmehr neun rechteckigen bis nahezu quadratischen Bauten dar. Sie werden von der bulgarischen Forschung einhellig als heidnischere Tempel interpretiert. Eine Reihe von Argumenten spricht jedoch für eine Ansprache als frühe Kirchen.

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