Medien & Kommunikationswissenschaft (May 2015)

Krisen-TV. Die Politisierung der Eurorettung in deutschen Talkshows

  • Dennis Lichtenstein,
  • Alexandra Polownikow

DOI
https://doi.org/10.5771/1615-634x-2015-2-208
Journal volume & issue
Vol. 63, no. 2
pp. 208 – 228

Abstract

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Der Beitrag befasst sich mit dem Politisierungsgrad der Eurorettung in deutschen Polit-Talkshows und schließt an die Diskussion zur Europäisierung von Öffentlichkeit und zur Demokratisierung der EU an. Mit einer quantitativen Inhaltsanalyse von Sendungen aus drei Jahren (2010 bis September 2013) werden die Positionen verglichen, die Regierung, Opposition und Akteure mit Expertenstatus auf einer ökonomischen (Marktliberalität vs. Sozialpolitik) und einer kulturellen (nationale Souveränität vs. Vertiefung der Integration) Konfliktlinie zur Eurorettung einnehmen. Auf der ökonomischen Konfliktlinie resultiert ein hoher Politisierungsgrad aus gegensätzlichen Positionen von Regierung und Opposition. Auf der kulturellen Konfliktlinie besteht im Parteienspektrum ein pro-europäischer Konsens. Ein Konflikt ergibt sich hier erst durch die Inklusion EU-kritischer Wirtschaftsexperten. Die Sendungen ermöglichen so eine umfassende Politisierung der Eurorettung, die für die Demokratisierung der EU konstitutiv ist, und sorgen zugleich dafür, dass der Parteienkonsens auf der kulturellen Konfliktlinie herausgefordert wird. In der direkten Konfrontation im Rahmen der Sendungen bringen die Parteien daraufhin ihre pro-europäische Haltung aktiv in den Streit zur Eurorettung ein und fördern damit die Europäisierung von Öffentlichkeit.