Journal for Labour Market Research (Apr 2017)
Modellierung von Anpassungsprozessen in langfristigen Arbeitsmarktprojektionen
Abstract
Zusammenfassung Langfristige Arbeitsmarktprojektionen stellen ein beliebtes Analyseinstrument dar, um zukünftige Fachkräftebedarfe und -engpässe aufzuzeigen. Es wird oft angemerkt, dass gerade der stark standardisierte und beruflich segmentierte deutsche Arbeitsmarkt Reallokationsprozesse von Arbeitsangebot und -bedarf nach Berufen erschwert. Nichtsdestotrotz sind Wechsel aus dem erlernten Beruf keine Seltenheit und müssen bei einer langfristigen Projektion nach Berufen berücksichtigt werden, sofern keine inadäquaten Handlungsempfehlungen aus vermeintlichen Fachkräfteengpässen und -überschüssen abgeleitet werden sollen. In diesem Artikel beschreiben wir erstmals, wie die Implementierung eines Reallokationsprozesses durch berufliche Flexibilitätsmatrizen und berufsfeldspezifischer Löhne stattfinden kann. So zeigen wir, dass Arbeitgeber auf Engpässe durch Lohnerhöhungen reagieren, woraufhin Arbeitnehmer ihr Mobilitätsverhalten anpassen. Anhand von Szenarien analysieren wir die Auswirkungen unterschiedlicher Annahmen zur Lohnentwicklung in den Berufen und deren Effekte auf das Anpassungsverhalten des Arbeitsangebots. Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich die Berücksichtigung beruflichen Mobilitätsverhaltens sowie eine dynamische Entwicklung desselben substanziell in den langfristigen Projektionsergebnissen niederschlagen. Hierdurch ergibt sich ein differenzierteres Bild über mögliche Fachkräfteengpässe und -überhänge sowie mögliche Handlungsempfehlungen. Als Fazit lässt sich festhalten, dass mögliche Lohnanpassungen und damit verbundene Berufswechsel zu einem besseren Ausgleich von Arbeitsangebot und -nachfrage nach Berufen führen können und dass Annahmen über den Ablauf dieser Prozesse das Ergebnis stark beeinflussen. Zudem können wir für den deutschen Arbeitsmarkt konkludieren, dass nicht alle theoretischen Engpässe lediglich über Lohnerhöhungen lösbar sind.
Keywords