Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift (Jan 2022)
Befragung angestellter Tierärztinnen in Deutschland – Teil 1: Arbeitsbedingungen
Abstract
Vor dem Hintergrund der Verschärfung des Fachkräftemangels in der Tiermedizin wurde 2020 eine Online-Befragung durchgeführt, um die Arbeitsbedingungen der angestellten Tierärztinnen zu erfassen. Es wurden die Antworten von 1.416 Teilnehmenden ausgewertet. Bezüglich des Stundenlohns wurde ein mehrfaktorielles Modell berechnet, um den Einfluss verschiedener Faktoren abzuschätzen. Etwa 52 % der Teilnehmenden war im kleintiermedizinischen Bereich tätig und 88,4 % waren weiblich. Der Bruttostundenlohn betrug, inklusive Zuschlägen und ohne Berücksichtigung von Überstunden, im Median 20,51 €. Rund 40 % der notdienstleistenden Tierärztinnen erhielten Zuschläge für Nacht- und Wochenenddienste. Details zur Notdienstgestaltung konnten in einem Freitextfeld von den Teilnehmenden beschrieben werden. Bei knapp der Hälfte der auswertbaren Antworten zeigten sich Hinweise auf Verstöße. Knapp der Hälfte der Befragten wurden 25 oder weniger Urlaubstage vertraglich zugesichert. Den stärksten Einfluss auf die Höhe des Gehaltes hatten die Jahre der Berufserfahrung und der Abschluss des Titels einer Fachtierärztin, Diplomates oder Privatdozentin. Teilnehmende, die Mitglied im Bund angestellter Tierärzte e. V. waren, hatten einen um 1,48 € (Mittelwert; Konfidenzintervall [KI]: 0,5–2,5) höheren Stundenlohn. Frauen verdienten bei gleicher Qualifikation und Berufserfahrung ca. 3,59 € (Mittelwert; KI 2,4–4,8) pro Stunde weniger als männliche Kollegen. Verglichen mit vorangegangenen Studien haben sich die Arbeitsbedingungen vor allem im Bereich der Kleintiermedizin verbessert, jedoch sind im Jahr 2020 noch Verstöße gegen das Mindestlohn- und das Arbeitszeitgesetz aufgetreten. Zudem ist der mediane Stundenlohn deutlich niedriger als in anderen akademischen Berufen. Weiterhin besteht eine erhebliche Gender Pay Gap (geschlechtsspezifisches Lohngefälle). In Anbetracht des vorherrschenden Fachkräftemangels und des Engpasses in der Versorgung von Heim- und Nutztieren ist es unumgänglich, diese Mängel abzustellen, um die Attraktivität des Berufes zu steigern. Mögliche Lösungsvorschläge werden diskutiert.
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