MedienPädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung (Feb 2022)

Editorial: Die Darstellung von künstlichem Leben im Computerspiel

  • Christopher Könitz

DOI
https://doi.org/10.21240/mpaed/diss.ck/2022.02.25.X
Journal volume & issue
no. Künstl. Leben im Computerspiel

Abstract

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Darstellungen künstlicher Lebensformen beflügeln nicht nur die Fantasie, sondern sind auch Ausdruck einer Reflexion des technologischen Fortschritts. Ob Robotik, synthetische Biologie oder künstliche Intelligenz: viele technologische Entwicklungen finden Niederschlag in medialen Darstellungen, wie zum Beispiel in Computerspielen. Die Strukturale Medienbildung verfolgt das Ziel, eben jene Bildungspotenziale dieser medialen Artikulationen herauszuarbeiten (vgl. Jörissen und Marotzki 2009, 39). Jedoch weist die Strukturale Medienbildung hinsichtlich ihrer Methodik zwei wesentlichen Leerstellen auf. Einerseits fehlt es ihr an einer kodifizierten komparativen Methodik, für die Herausarbeitung von Bildungspotenzialen, welche über eine Werkanalyse hinausgehen. Zweitens kommt für die Herausarbeitung der Bildungspotenziale die Heuristik der vier Dimensionen lebensweltlicher Orientierung nach Kant zum Tragen. Hierbei besteht das Problem darin, dass nicht hinreichend geklärt ist, inwiefern diese Heuristik im Kontext medialer Artikulationen die Prozessförmigkeit und die Potenzialität von Bildungspotenzialen abbilden kann. Aus diesen beiden Umständen ergaben sich zwei wesentliche Fragen für diese Arbeit: • Wie kann eine komparative Methodik im Kontext der Strukturalen Medienbildung aussehen? • Welche Konstruktionsprinzipien für Bildungspotenziale lassen sich aus der komparativen Methodik ableiten? Durch einen methodologischen Vergleich konnten gemeinsame Bezugspunkte zwischen der Strukturalen Medienbildung und der Grounded Theory Methodology nach Strauss und Corbin (1996), sowie der Weiterentwicklungen von Adele Clarke (2012), über den Pragmatismus herausgestellt werden. Hierbei war der Einbezug der Konzeption der medialen Artikulation nach Jung (2005) ein wesentlicher theoretischer wie auch methodischer Ansatzpunkt für die Verknüpfung. Durch die Verbindung der beiden Forschungsstile, ergab sich ein mehrstufiges Analysemodell, das anhand einer Studie, die die Darstellungen von künstlichen Lebensformen in der Mass-Effect-Trilogie untersuchte. Aus der Basis des offenen Kodierens und dem daraus resultierenden Kategoriensystems und dem strukturalen Kodieren, welcher die medialen Aspekte der Darstellungen erfasste, wurden die sogenannten Strukturalen Phänomene herausgearbeitet, die das axiale Kodieren und strukturale Aspekte miteinander verbinden. Hierbei wurden die wesentlichen Phänomene im Kontext der Darstellung künstlicher Lebensformen herausgearbeitet. Hierbei stellte sich heraus, dass bereits auf dieser Analyseebene eine Untersuchung der Bildungspotenziale stattfinden kann. Es zeigt sich jedoch, dass das zentrale Phänomen in der Analyse, welches die Strukturalen Phänomene miteinander verbindet, die Darstellung von Unvollkommenheit künstlicher Lebensformen ist. Hinsichtlich der Konstruktionsprinzipien von Bildungspotenzialen wurden durch die Kombination der Überlegungen von Jung und den Mappingebenen nach Clarke folgende analytische Ebenen herausgearbeitet, welche übergreifende Sinnzusammenhänge erfassen. • Die Ebene der Muster erfasst die Darstellungen, welche sich hinsichtlich Ihrer spielerischen Teilprozesse und Darstellungen (zusammengefasst in den Strukturalen Phänomenen) ähneln. Hierbei ließen sich in der Mass-Effect-Trilogie fünf Muster der dargestellten Unvollkommenheit ausmachen. Mit der Genese der Muster, ging eine strukturale Interpretation einher, die durch ein Inbeziehungsetzen der strukturalen Phänomene, bestimmte Verlaufsmuster und deren spielerische Bedingungen für einzelne Darstellungen künstlicher Lebensformen hervorbrachten. • Als analytische Vertiefung wurde die Ebene des Vergleichs der Muster eingefügt, so dass generellere Darstellungstendenzen sichtbar wurden. In diesem Kontext wurden im Rahmen der Studie zwei Musterfamilien herausgearbeitet, welche wiederum miteinander vergleichen wurden. Dadurch wurden zwei generelle und gegensätzliche Muster von Orientierungsdarstellungen aufgezeigt. Im gleichen Zuge wurde hierbei die Ebene der Spielerfahrung herausgearbeitet, so dass der Prozess der Hervorbringung dieser Darstellungen, welcher das Verhältnis von game und play beinhaltet, bildungstheoretisch analysiert wurde. • Die Ebene der medialen Positionierungen untersucht die äußeren Grenzen der Darstellungen. Es geht dabei um die analytische Herausarbeitung der Grenzen der Darstellungen, der möglichen Spielweisen und der technisch bedingten Grenzen und Transzendierungen. Hinsichtlich dieser Konstruktionsprinzipien von Bildungspotenzialen lässt sich konstatieren, dass die Dimensionen lebensweltlicher Orientierung nicht mehr als Heuristik, sondern als Prozesse lebensweltlicher Orientierung erfasst werden. Insofern werden die ersten drei Fragen von Immanuel Kant vom Modus des was in den Modus des wie transformiert: Wie kann ich wissen? Wie wird gehandelt? Wie komme ich an Grenzen? Aus diesen drei Fragen leitet sich der Biografiebezug ab. Dieser wird im Kontext der entwickelten Methodologie im Moment der medialen Artikulation verortet. Einerseits im Moment der Äußerung, welche die subjektive Spielerfahrung darstellt, und andererseits in Form des Entäußerten, welches seinen Ausdruck im Gameplay findet.

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