Undercurrents (Oct 2018)
Marxismus und Literaturwissenschaft am Beispiel des Argument
Abstract
In der Geschichte des marxistischen Materialismus innerhalb germanistischer Debatten seit den 1960er/1970ern, nach der der CfA von Undercurrents im Dezember 2017 fragte, hat die 1959 begru?ndete Westberliner Zeitschrift Das Argument, seit 1969 als Zeitschrift fu?r Philosophie und Sozialwissenschaften, eine Rolle gespielt. Ihr in der sich entwickelnden Bewegung der Atomwaffengegner engagierter Gru?nder und Herausgeber Wolfgang Fritz Haug hat in seinem Beitrag zum 50-jährigen Jubiläum u?ber „Urspru?nge des Argument-Marxismus“ das erste Heft, das unter dem Titel „Fragen marxistischer Theorie (I)“ erschien, insofern als bedeutsam hervorgehoben, als es angeku?ndigt habe: „Hier will man in Sachen Marxismus von jetzt ab ein Wort mitreden.“ (Haug 2009a, 152) Auf den auffälligen Umstand, dass es mit den drei Aufsätzen zu Georg Lukács, Bertolt Brecht und Walter Benjamin 1968 das Feld der Literatur war, auf dem Marxismus erstmals und programmatisch zum Thema eines Argument-Heftes wurde, ist Haug 2009 nicht eingegangen, sondern hat im selben Jahr in einem Sammelband zum 40-jährigen Jubiläum von ‚1968‘ zu „Werner Mittenzweis fu?r uns u?beraus wichtige[r] Darstellung der Brecht-Lukács-Debatte“ bekräftigt: „Diese Debatte fand und findet mich noch immer auf der Seite Brechts“ (Haug 2009b, 41; vgl. Mittenzwei 1968). Haug hatte Brecht 1995 im Historisch-kritischen Wörterbuch des Marxismus zum Subjekt einer „Brecht-Linie“ erhoben: „Brecht wurde fu?r diese Generation [der Studentenbewegung] zum wichtigsten Lehrer marxistischen Denkens“ (Haug 1995, 340), 2009 beansprucht Haug eine Kontinuität des Argument-Marxismus, indem er Brechts Kapital- und Lenin-Lektu?re seine „Erfahrung hinzufu?g[t], daß mir bei Materialanalysen ein Licht u?ber materialistische Dialektik aufgegangen ist, wo es darum ging, eine immanente Ordnung aus dem Material herauszudestillieren“ (Haug 2009a, 152-153): „Den Begriffswerkzeugen, zu deren Neubildung er [der Marx der Kritik der politischen Ökonomie] mich anregte, schloss mein Material sich wie von selbst auf. Ich rezipierte Marx durch den Filter der […] theoriebildenden Praxis.“ (153)