Forum: Qualitative Social Research (Sep 2018)

Ethische Ambivalenzen in der Forschung mit Kindern in Unterkünften für geflüchtete Menschen

  • Sarah Fichtner,
  • Hoa Mai Trần

DOI
https://doi.org/10.17169/fqs-19.3.3150
Journal volume & issue
Vol. 19, no. 3

Abstract

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Im ethnografischen Forschungsprojekt "Alltagserleben von jungen Kindern in Unterkünften für geflüchtete Menschen" wurden Kinder und ihre Familien über acht Monate in Sammelunterkünften in Berlin von Forschungstandems begleitet. Durch teilnehmende Beobachtung, Interviews, Gespräche und kindzentrierte Methoden wurden die Perspektiven verschiedener Akteur*innen (Kinder, Eltern, Leitung, Kinderbetreuung, Security etc.) aufgezeichnet und ausgewertet. In diesem Beitrag stützen wir uns auf unsere Erfahrungen als Forschende eines Forschungstandems und fokussieren Fragen praktischer Ethik. Dabei kommt der Eigenlogik des Feldes als ethisch bedeutsames Umfeld, das durch fluide Grenzen von Öffentlichkeit und Privatheit, unklare Zuständigkeiten sowie Ressourcenknappheit geprägt ist, eine maßgebliche Bedeutung zu. Wir vertiefen die Relationalität ethischer Fragen anhand zweier Irritationsmomente: der Auseinandersetzung mit einem Abschiebebescheid und Beobachtungen (potenziell) grenzüberschreitenden Verhaltens gegenüber Kindern. Die reflexive Auseinandersetzung mit diesen ethisch wichtigen Situationen verdeutlicht die Interventionshaftigkeit von Forschung und die permanente Aushandlung der Forscher*innenrolle. Die eigene Involviertheit, Gefühle, Gedanken und Handlungen werden konstruktiv aufeinander bezogen. Fragen von Verantwortung und ihre Reflexion sind folgenreich für die Forschungspraxis in diesem von Machtverhältnissen und Ungewissheiten geprägten Feld. Schlussfolgernd wird die Bedeutsamkeit des engagierten Forschens geschildert, das über das Prinzip der Schadensvermeidung hinausgeht und die Generierung von Mehrwerten auf unterschiedlichen Ebenen zum Ziel hat.

Keywords