Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie (Jan 2016)
Intervallsatz und Geschichte
Abstract
In seinen Arbeiten zur Theorie- und Kompositionsgeschichte ist Carl Dahlhaus einem emphatischen Begriff von Musiktheorie gefolgt wie kaum ein anderer Musikwissenschaftler vor ihm. Während er einerseits die Musiktheorie ›historisierte‹, fragte er andererseits nach dem systematischen Gehalt der historischen Musiktheorie und der impliziten Theorie, die in der Kompositionsgeschichte enthalten ist. Dahlhaus’ hermeneutische Doppelbewegung hat nachfolgende Generationen von Musiktheoretikern geprägt und die deutschsprachige Musiktheorie grundlegend verändert. Vor diesem Hintergrund werden Wechselbeziehungen zwischen musiktheoretischem Denken und historischer Narration in Dahlhaus’ Werk herausgearbeitet und problematisiert: Inwieweit bestimmen systematische Voraussetzungen die Konstruktion von Geschichte? Inwieweit beeinflussen narrative Strategien die musiktheoretische Kategorienbildung? Der vorliegende Beitrag geht diesen Fragen anhand des zentralen Begriffs ›Intervallsatz‹ nach. In his work on the history of music theory and composition Carl Dahlhaus pursued an emphatic concept of music theory like hardly a musicologist before him. While historicizing music theory, he also systematically investigated the contents of historical music theory as well as the implicit theory inherent in the history of composition. Dahlhaus’s hermeneutic ‘double motion’ strongly influenced subsequent generations of musicologists and fundamentally transformed German music theory. Against this background, the interrelations between theoretical thinking and historical narration in Dahlhaus’s work are identified and problematized: To what extent is the construction of history determined by systematic conditions? To what extent do narrative strategies influence music-theoretical conceptualization? The present article explores these issues with reference to the concept of ‘Intervallsatz’ (intervallic composition).
Keywords