Raumforschung und Raumordnung (May 2019)
Paradoxe Aushandlungen von Migration im Diskurs um die Leipziger Eisenbahnstraße Paradoxical negotiations of migration in discourses around the Eisenbahnstraße in the city of Leipzig
Abstract
Verschiebungen bzw. wechselseitige Bedingtheiten von neuen gesellschaftlichen Ein- und Ausschlüssen im Prozess der Internationalisierung und Diversifizierung von Städten genauer zu betrachten, ist Ziel dieses Beitrags. Mithilfe der Paradoxie im Sinne eines heuristischen Zugangs werden scheinbar widersprüchliche Ein- und Ausschlüsse von Migration in einem langjährigen stadtentwicklungspolitischen Schwerpunktraum der Stadt Leipzig untersucht. Eine Analyse der lokalen Berichterstattung und stadtentwicklungspolitischer Dokumente zeigt, dass im Diskurs um die Leipziger Eisenbahnstraße eine klassische urbane Diskursfigur reproduziert wird. Dabei wird Migration einerseits als produktiver Faktor im Sinne einer ökonomischen Ressource verhandelt und andererseits als Faktor unproduktiver Devianz problematisiert. Da Formen der Inklusion gewünschter Zuwanderung an anderer Stelle an Ausschlüsse und Kontrolle unerwünschter Zuwanderung gekoppelt werden, entstehen paradox erscheinende diskursive Logiken im Umgang mit einem pluralisierten und stark durch Migration geprägten Stadtraum. Der Ausruf einer Parallelwelt, der an eine zu integrierende Migrationsbevölkerung gerichtet ist, sowie die Beschwörung der „Stadt der Vielfalt“, die eher diffus und damit weitestgehend anonym bleibt, stehen jedoch im Widerspruch zu einer allgemeinen Anerkennung migrationsgesellschaftlicher Realität. Trotzdem oder gerade weil Leipzig eine Vorreiterrolle im ostdeutschen Kontext in puncto Migration einnimmt, entbehrt sie (noch) der Selbstverständlichkeit und bleibt eine hochgradig sensible Angelegenheit.
Keywords