Monitor Versorgungsforschung (Apr 2023)
Zur Rolle der Klinischen Infektiologie
Abstract
Man trifft nur lebende Motorradfahrer. In einem gut besetzten Konzertsaal könnten sie sogar die beste Lebenserwartung aufweisen, vielleicht weil sie aktiver und fitter sind. Aber bedacht: dies gilt nur, wenn man die in den Jahrzehnten vor unserer Konzertveranstaltung verstorbenen Motorradfahrer unberücksichtigt lässt. Für einen solchen Selection Bias gab es auch in den ersten Monaten der Corona-Epidemie ein prominentes Beispiel, nämlich die Studie zur kindlichen SARS-2-Infektiosität, die von T.C. Jones und C. Drosten am 1.5.2020 auf einem Charité-Server veröffentlicht wurde. Kinder hätten die gleiche Viruslast im Rachenabstrich wie Erwachsene, hieß es, und man folgert daraus „we have to caution against an unlimited re-opening of schools and kindergartens in the present situation“. Lässt sich diese massive Beeinflussung der Meinungsbildung wenige Tage vor der Entscheidung in der Ministerpräsidentenkonferenz am 6.5. durch diese Daten rechtfertigen? Wohl kaum, denn man konnte unter den knapp 60.000 Getesteten überhaupt nur 49 Kinder (<10 J.) mit einem PCR-positiven Rachenabstrich identifizieren (2,25% der getes-teten Kinder), während z. B. in der Altersgruppe 51-60 J. immerhin 662 Personen zu finden waren (6,25% PCR+). Man „traf nur infizierte Kinder“, die niedrige Infektionsrate bei Kindern wurde vernachlässigt.
Keywords