Es braucht ein Zeugnisverweigerungsrecht für Wissenschaftler_Innen
Abstract
Beamte des Bayerischen Landeskriminalamts durchsuchten am 31.1.2020 das Büro des Hochschullehrers Mark Stemmler, der im Rahmen eines Forschungsprojekts vertrauliche Gespräche mit inhaftierten Jihadis geführt hatte. Interviewaufzeichnungen und weitere identifizierende Informationen wurden trotz seines Protests beschlagnahmt. Der Fall illustriert beispielhaft, dass Forschende derzeit über keine rechtlichen Möglichkeiten verfügen, wissenschaftliche Daten wirksam vor behördlichen Zugriffen zu schützen. Die Interviewpartner*innen selbst, das ethische Selbstverständnis der Wissenschaftler*innen und die Datenschutzregeln von Forschungsförderungsinstitutionen (er)fordern aber systematische und verbindliche Schutzzusagen, um gesellschaftlich wichtiges Wissen gewinnen zu können. Interdisziplinäre Beiträge aus den Rechts- und Sozialwissenschaften debattieren Gründe und Hürden für ein Zeugnisverweigerungsrecht für Wissenschaftler*innen und formulieren juristische Lösungsansätze.