Geographica Helvetica (Aug 2020)
Ungerechte Energielandschaften – die Produktion von Raum im Kontext der Transformation des deutschen Energiesystems
Abstract
The study analyses the characteristic features of energy landscapes. By the example of the German energy transition, it is discussed in how far they are an expression of social inequality and injustice. Based on a review of the literature on socio-technical and socio-ecological dimensions of energy landscapes, the central findings will be integrated into Henri Lefebvre's concept “The Production of Space”. Thereby, those social spaces are identified which are constructed by the powerful actors of the energy transition on the basis of neoliberal spatial concepts and which become the origins of unequal and unjust energy landscapes. Furthermore, it will be discussed whether and how energy landscapes can be distinguished from other landscapes and where these boundaries run when the representative and discursive features of energy landscapes are brought to the fore. The study reveals that Lefebvre's spatial concept is well suited to expose the powerfully enforced and socially unbalanced territorial structures of energy landscapes and to distinguish them from the symbolic, emotional, and idealistic reference points that arise from the everyday life in these landscapes. It becomes clear that infrastructure measures for climate protection only appear socially viable if the production of sustainable energy landscapes is understood as the production of a discourse about sustainability, equality, and justice. Zusammenfassung Im Rahmen der Studie werden die charakteristischen Eigenschaften von Energielandschaften analysiert und dahingehend erörtert, wie sie am Beispiel der deutschen Energiewende Ausdruck gesellschaftlicher Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten sind. Auf Basis eines Literatur-Reviews zu den soziotechnischen und sozioökologischen Dimensionen von Energielandschaften werden hierzu die zentralen Befunde in das von Henri Lefebvre entwickelte Konzept „Die Produktion des Raumes“ eingeordnet. Dadurch ist es möglich, jene sozialen Räume zu identifizieren, die von den machtvollen Akteuren der Energiewende auf Basis neoliberaler Raumkonzepte konstruiert und zu Ausgangspunkten ungleicher und ungerechter Energielandschaften werden. Des Weiteren soll erörtert werden, ob und wie Energielandschaften von anderen Landschaften abgegrenzt werden können und wo diese Grenzen verlaufen, wenn die repräsentativen und diskursiven Merkmale von Energielandschaften in den Vordergrund gerückt werden. Die Studie offenbart, dass Lefebvres raumtheoretisches Konzept sich gut dazu eignet, die mit Macht durchsetzten und sozial unausgewogenen territorialen Strukturen von Energielandschaften freizulegen und von den symbolischen, emotionalen und ideellen Bezugspunkten, die sich aus dem Leben der Menschen in diesen Landschaften ergeben, zu unterscheiden. Darüber hinaus wird deutlich, dass Infrastrukturmaßnahmen zum Klimaschutz nur dann gesellschaftlich tragfähig erscheinen, wenn die Produktion nachhaltiger Energielandschaften zuallererst als Produktion eines Diskurses um Nachhaltigkeit, Gleichheit und Gerechtigkeit begriffen wird.