Raumforschung und Raumordnung (Sep 1993)

Die Wanderungsproblematik in Europa aus demographischer, wirtschaftlicher und sozialer Sicht unter besonderer Berücksichtigung Deutschlands

  • Josef Schmid

DOI
https://doi.org/10.14512/rur.2119
Journal volume & issue
Vol. 51, no. 5

Abstract

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Die Bevölkerung des europäischen Wirtschaftsraumes (EG + EFTA) umschließt heute 380 Mio. Menschen. Die Bevölkerungen der Einzelstaaten stehen unter einheitlichen Trends: Die demographischen Indikatoren Westeuropas deuten alle auf Alterung und allmähliche Bevölkerungsabnahme. Fast sämtliche Bevölkerungen des Wirtschaftsraumes weisen – gemessen am Niveau des Generationenersatzes – Geborenendefizite auf, die die Alterung durch das anteilsmäßige Anwachsen der Menschen im Pensionsalter verstärken. Eine von EUROSTAT (1991) vorgenommene Vorausberechnung unterstellt eine jährliche Nettoeinwanderung in die Europäische Gemeinschaft, die 345,1 Mio. Menschen umfaßt, von 250 000 Menschen. Danach würde die EG-Bevölkerung um das Jahr 2000 mit 350,8 Mio. ihren Höhepunkt erreichen und bis zum Jahre 2020 hin auf 338,2 Mio. absinken. Ein wichtiger Beobachtungspunkt sind die jeweiligen Ausländeranteile in den einzelnen Staaten und schließlich die Wanderungspotentiale, die sich vor den Toren Westeuropas aufbauen. 1989 zählte die EG 13,4 Mio. Ausländer, von denen jedoch 5,1 Mio. EG-Bürger eines jeweils anderen Mitgliedstaates waren. Der Eintritt nur noch geburtenschwacher Jahrgänge in die Erwerbsbevölkerung verringert sie insgesamt und erhöht ihre Durchschnittsalter. Neben Technologisierung der Produktion, Höherqualifizierung der schrumpfenden Jugendjahrgänge und Erhöhung des Frauenanteils im Erwerbsleben ist vor allem Einwanderung ein Mittel, Arbeitsmarktlücken zu schließen. Die Auffüllung der Bevölkerungsrückgänge mit außereuropäischen Wanderern ist unvorstellbar, und das gezielte Einwerben von Arbeitskraft hat gesetzliche Voraussetzungen, die für die Europäische Gemeinschaft und Deutschland selbst noch nicht existieren.