Chronotopos (Dec 2020)
Von Gender Trouble zu Translation Trouble
Abstract
In diesem Beitrag wird „Gender Trouble“ von Judith Butler und dessen Übersetzung in den deutschsprachigen Wissenschaftsraum als Fallbeispiel des wissenschaftlichen Paradigmas der poststrukturalistischen feministischen Theorie sozio- und translationshistorisch untersucht. Mit der soziologiehistorischen Methode nach Lothar Peter wird zunächst herausgearbeitet, in welchem wissenschaftlichen und diskursiven Milieu „Gender Trouble“ um 1990 in den USA entstand. Poststrukturalistische Ansätze waren dort zu dieser Zeit paradigmatisch für die feministische Theorie, nicht so jedoch im deutschsprachigen Raum, wo die feministischen Debatten noch stark von der zweiten Welle der Frauenbewegung und somit vor allem körperlich und naturalistisch geprägt waren. „Gender Trouble“ wurde zwar bereits 1991 ins Deutsche übersetzt, stieß aber auf einen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskursraum, der dem US-amerikanischen sowohl inhaltlich als auch denkstilistisch diametral entgegengestellt scheint. Um den Übersetzungsvorgang zwischen diesen verschiedenen Wissenschaftsräumen und -zeiten nachvollziehbar zu machen, werden die jeweiligen Entstehungskontexte des Ausgangs- und Zieltexts wissenschaftssoziologisch und translationshistorisch untersucht. So kann deutlich gemacht werden, dass mittels Übersetzung, hier am Beispiel eines poststrukturalistischen feministischen Wissenschaftstexts, Texte/Translate in verschiedene wissenschaftliche Kontexte eindringen und durch das Aufeinanderprallen zweier verschiedener wissenschaftlicher Denkstile und Sprachen den wissenschaftlichen Zieldiskurs beeinflussen und verändern können. Weiters umfasst dieser Beitrag eine Diskussion des Translationsbegriffs im wissenschaftlichen Kontext sowie der Translationsgeschichte als methodisches Repertoire zur Sichtbarmachung soziohistorischer Entstehungskontexte von Übersetzungen wissenschaftlicher Texte.
Keywords