Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie (Dec 2020)
Kombination und Rekombination in der Renaissance
Abstract
Ein hervorstechendes Merkmal der Musik des 15. und 16. Jahrhunderts ist die Verwendung von präexistenter Musik als Grundlage oder Ausgangspunkt einer neuen Komposition. Solche Werke lassen sich anhand zweier grundsätzlich unterschiedlicher Herangehensweisen unterscheiden, die jeweils eigene kompositionstechnische Probleme nach sich ziehen: Einerseits finden sich Kompositionen, die auf additiven Prozessen und kontrapunktisch anspruchsvollen Strukturen wie Kanons basieren, andererseits solche, in denen eine meist mehrstimmige Vorlage fragmentiert und ihre Bestandteile zu einer neuen Komposition rekombiniert werden. Im vorliegenden Artikel wird diese Unterscheidung ausgehend von Detailanalysen von Werken Josquins aufgebaut. Es wird dabei gezeigt, dass punktuell rekombinatorische Zugänge eine Rolle in seinen Kompositionen spielen. Am Beispiel jüngerer Werke von Adrian Willaert und Nicolas Gombert zeigt sich, dass diese Techniken für spätere Komponistengenerationen immer wichtiger wurden. A distinctive feature of the music of the 15th and 16th centuries is the use of pre-existent music as the basis or starting point for a new composition. Such works can be distinguished by two fundamentally different compositional approaches, each of which entails its own problems: On the one hand there are compositions based on additive processes and contrapuntally sophisticated structures such as canons, on the other hand there are those in which a usually polyphonic model is fragmented and its components are recombined into a new composition. In the contribution at hand, this distinction is established on the basis of detailed analyses of Josquin's works. It is shown that recombinant approaches sometimes play a role in his compositions. The example of more recent works by Adrian Willaert and Nicolas Gombert shows that these techniques became increasingly more important for later generations of composers.
Keywords