Stichproben (Apr 2021)

Antikoloniale Solidaritäten im Konflikt: Panafrikanismus, Panarabismus und afroasiatische Beziehungen in Kairo, 1956–1963

  • Eric Burton

DOI
https://doi.org/10.25365/phaidra.255_03
Journal volume & issue
Vol. 21, no. 40
pp. 43 – 80

Abstract

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In den späten 1950er Jahren wurde Kairo zu einem Drehkreuz der Dekolonisierung. Afrikanische Befreiungsbewegungen von Guinea- Bissau bis Sansibar und Algerien bis Südafrika konnten hier nicht nur untereinander Kontakte knüpfen, sondern auch afroasiatische Beziehungen aufbauen und Brücken in die kommunistische Welt von Havanna über Prag bis Peking schlagen. Ausgehend von Kairos zentraler, aber ambivalenter Rolle für die Dekolonisierung Afrikas fragt dieser Beitrag, wie antikoloniale Solidaritäten und Versuche einer globalen Neuordnung debattiert und gestaltet wurden. Auf der Grundlage von Memoiren, Archivmaterialien und Sekundärliteratur werden antikoloniale Verflechtungen und Aushandlungsprozesse u.a. aus der Perspektive von Akteuren aus Westafrika (Kameruns UPC, Nkrumahs Ghana) und Südafrika (ANC) sowie verschiedenen ostafrikanischen Ländern aufgezeigt. Einerseits tritt dabei die Pluralität afrikanischer Visionen, Problemwahrnehmungen und Handlungsentwürfe in den Vordergrund, andererseits zeigen sich Spannungsmomente: Annäherungen an das sowjetische Lager stießen auf antikommunistische Vorbehalte, das antikoloniale Potenzial afroasiatischer Verbindungen wurde mit Misstrauen beäugt, und Meinungen über die schlagkräftigste Form transregionaler Einheit gingen auseinander. Nicht zuletzt aufgrund derartiger Spannungen blieben die Versuche, eine gemeinsame antikoloniale Welt zu schaffen, fragmentiert und nur begrenzt wirkmächtig.