Slovenska Literatura (Apr 2003)
Eloquens et docta pietas
Abstract
Der Grundsatz der religiösen Reformation sola Scriptura warf besonders scharf die Frage auf, ob die christliche pietas auch die profanen Künste braucht. Leonard Stöckel, eine hervorragende Persönlichkeit des slowakischen Reformationshumanismus, wies mit aller Entschiedenheit die antimusischen Postulate radikaler Sekten ab. Er folgte darin seinem Lehrer Philipp Melanchthon, der dem Erasmusschen Konzept der Bildung auch im Luthertum einen würdigen Platz errungen hatte. Erasmus selbst wollte auf den christlichen Humanismus der Kirchenväter (vor allem Basilius des Grossen und Hieronymus) anknüpfen und bemühte sich programmatisch um eine Synthese der antiken Ästhetik mit der christlichen Ethik. Als Bildungsziel in dem protestantischen Schulwesen wurde unter dem Einfluß von Johannes Sturm das Programm eloquens et docta pietas durchgesetzt, in dem katholischen ließen besonders die Jesuiten dasselbe zur Geltung bringen. Die Ideale der humanistischen Schönheitslehre drangen auch in die Verarbeitungen der biblischen und hymnischen Poesie ein, doch wurden sie nicht vorbehaltlos akzeptiert. Die Literatur in einheimischen Sprachen wurde nicht weniger an den von der Antike geerbten Formen kultiviert. Die mit der pietas eng verbundene Eloquenz geriet aber immer mehr - besonders im 17. Jh. – unter den Druck der wachsenden Konfessionalisierung und eines kompromisslosen, oft polemisch orientierten Biblismus (z. B. bei Jeremias Parlagius und Georgius Tranoscius), durch die das Antike zumindest marginalisiert wurde. In dieser Entwicklung repräsentiert jedoch der spätbarocke Dichter Hugolinus Gavlovič, ein Franziskanermönch, eher die gemäßigte Erasmussche Linie.