Bunron (Mar 2020)

Fünf Thesen zur Literatur der Heisei-Zeit

  • Daniela Tan

DOI
https://doi.org/10.11588/br.2019.6.10680
Journal volume & issue
no. 6
pp. 21 – 56

Abstract

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Dreißig Jahre Heisei-Zeit (1989–2019) sind Anlass für den Versuch, Kriterien und Merkmale für eine Heisei bungaku 平成文学 zu formulieren. Gibt es thematische und literarische Eigenheiten der Literatur dieser Zeit, und wenn ja, welche? Anhand von fünf Thesen soll dieser Frage nachgegangen werden. Eine deutliche Zunahme der Schriftstellerinnen seit dem Ende des 20. Jahrhunderts verweist auf eine erstarkte Präsenz von Frauen in der japanischen Gegenwartsliteratur. Weiter prägt die Digitalisierung die Textgestaltung und Literaturproduktion. Neue Medien und Kommunikationsformen führen zudem zu einer Dezentralisierung. Die dritte These besagt, dass Stilmittel des Horrors verbreitet Eingang gefunden haben in die Literatur der Heisei-Zeit. Zum einen wird damit ein Unbehagen angesichts nuklearer Bedrohungsszenarien zum Ausdruck gebracht, zum anderen finden phantastische Elemente und Okkultes in der Mystery-Literatur breiten Eingang in die Massenkultur. Eine weitere These ist, dass die instabilen ökonomischen Verhältnisse nach den verlorenen Dekaden neoproletarische Literatur der neuen Working poor hervorgebracht hat. Die fünfte These schließlich ist eine zeitliche: In einer von Simultaneität geprägten Kommunikationswelt durchdringt die Nostalgie das Erleben in der Gegenwart. Schlussfolgernd werden diese Thesen um das verbindende Element der Grenzüberschreitung (ekkyōsei 越境性) ergänzt, das auf allen Ebenen immer wieder durchscheint.

Keywords