Monitor Versorgungsforschung (Apr 2023)

Analyse von Orphan-Drug-Verfahren in der frühen Nutzenbewertung: RCTs versus best-verfügbare vergleichende Evidenz

  • Dr. rer. nat. Gerrit Müller,
  • Dr. rer. nat. Lena Fanter,
  • Dipl.-Ges.oec. Julia Knierim

DOI
https://doi.org/10.24945/MVF.02.23.1866-0533.2483
Journal volume & issue
Vol. 2023, no. 02
pp. 39 – 44

Abstract

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Zur Beurteilung der Wirksamkeit und Sicherheit eines neuen Wirkstoffes ist für die europäische Zulassungsbehörde (European Medicines Agency, EMA) die randomisierte kontrollierte Studie (RCT) der Goldstandard. Mit der Einführung des AMNOG (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz) am 01.01.2011 rückten methodische Aspekte zur geeigneten Beantwortung der relevanten Fragestellung, nämlich der Nutzenbewertung innovativer Pharmakotherapien gemäß § 35a SGB V, in den Vordergrund. Im Grundsatz wird für die Evaluation der relativen Wirksamkeit eines neuen Arzneimittels gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie (zVT) klinische Evidenz aus RCT als Bewertungsgrundlage herangezogen. Für Arzneimittel zur Therapie seltener Erkrankungen (Orphan Drugs, OD) bringt die Evidenzgenerierung mittels RCT besondere Herausforderungen mit sich. Aufgrund dessen traten für Orphan Drugs im Jahr 2000 die EU-gemeinschaftsrechtlichen Besonderheiten in Kraft mit dem Ziel, die Erforschung, Entwicklung und das Inverkehrbringen geeigneter Arzneimittel durch die pharmazeutische Industrie zu fördern (Verordnung (EG) Nr. 141/2000). Vor demselben Hintergrund gelten auch im AMNOG-Verfahren für Orphan Drugs besondere Regelungen, die die Ziele der europäischen Verordnung auf nationaler Ebene implementieren (§ 35a Abs. 1 S. 11 f. SGB V.). So gilt der Zusatznutzen von Orphan Drugs mit der Zulassung als belegt. Am 23.12.2021 veröffentlichte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) das Arbeitspapier GA21-01, im Rahmen dessen es sich kritisch mit dem Evidenzkörper und der Nutzenbewertung von Orphan Drugs auseinandersetzt (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) 2021). In dem Arbeitspapier nimmt das IQWiG einen Vergleich vor zwischen einer Nutzenbewertung der Orphan Drugs, die die Besonderheiten bei Markteintritt berücksichtigt (im Folgenden OD-Nutzenbewertung), und einer regulären Nutzenbewertung. Das IQWiG schlussfolgert aus seiner Analyse im Arbeitspapier GA21-01, dass auch für Orphan Drugs ausschließlich randomisiert kontrollierte Studien mit Vergleich gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie als Evidenzbasis für die Bewertung des Zusatznutzens berücksichtigt werden sollten.

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