Integral Review (Dec 2006)
Drei Avantgarde-Strömungen des heutigen US-Geisteslebens – und ihre Beziehung zu Europa
Abstract
Zusammenfassung: Die heutigen USA gelten vielen als Vorreiter auf dem Weg zur integrativen Erneuerung von Wissenschafts- und Erkenntnisparadigmen. Dies vor allem im Bereich der traditionellen Kern- und Grundlagen-Wissenschaft der neuzeitlichen Universität: der Philosophie und der historisch aus ihr erwachsenen Psychologien. Seit einigen Jahren ist in den USA in der Tat eine Entwicklung im Gang, welche die Einseitigkeiten des nominalistisch-subjektivistischen Paradigmas der „Postmoderne“, welches aus ideengeschichtlicher Sicht die Epoche zwischen 1979 und 2001 geprägt hat, um einen neuen geistigen Objektivismus ausgleichen und beide zu einem neuen, „subjektiv-objektiven“ Paradigma integrieren will. Diese Entwicklung findet ihren Ausdruck in drei exemplarischen Avantgarde-Strömungen, die im vorliegenden Beitragvorgestellt sowie auf Charakteristiken und Wechselbeziehungen untersucht werden. Dabei erweist sich, dass die heutige ideengeschichtliche Avantgarde der USA in Kernterminologie, historischer Kontinuität und Ausrichtung stark pazifisch-asiatisch, aber noch zu wenig atlantisch-europäisch geprägt ist. Das scheint mit ein Grund dafür zu sein, warum diese Avantgarde-Ansätze trotz ihres hochwertigen Anregungs- und Innovations-Potentials im Hinblick auf ein ganzheitlichen Wissenschafts-Paradigma für das 21. Jahrhundert noch unübersehbare Schwierigkeiten haben, den atlantisch-europäisch geprägten Hauptstrom des Geistes-, Kultur- und politisch-sozialen Lebens ihrer Gesellschaft zu erreichen. Es zeigt sich, dass der innere Ausgleich zwischen pazifischen und atlantischen Ideen-Einflüssen eine der zentralen Herausforderungen für diese Avantgarde-Strömungen, aber darüber hinaus im Spiegelverhältnis auch für das europäische Kultur- und Gesellschafts-Paradigma sowie für die Entwicklung der integralen Bewegungen auf Weltebene insgesamt ist. Three avant-garde currents within the contemporary intellectual life in the United States – and in their relationship to Europe Abstract: Many intellectuals consider the U.S. of today a forerunner for an integrative renewal of scientific and cognitive paradigms, particularly in the field of philosophy and psychology. Indeed, since a few years there have been tendencies which try to compensate the onesidedness of the nominalistic-subjectivistic paradigm of “postmodernism”—which from a historical point of view characterized the period between 1979 and 2001—by a new kind of intellectual objectivism, and to integrate both into a new, “subjective-objective” paradigm. This trend is represented by three exemplary avant-garde currents which are examined in their characteristics and correlations. It turns out that the basic terminology, historical continuity and orientation of these intellectual-historical avant-garde currents in the U.S. are characterized by Pacific-Asian influences rather than by Atlantic-European ones. This seems to explain at least in part, why in spite of their high-quality innovation potential these avant-garde approaches, in view of a holistic science paradigm for the 21st century, still have problems to reach the mainstream of the intellectual, cultural and politico-social life of their society. It becomes apparent that the harmony of Pacific and Atlantic influences of ideas and intellectual traditions poses a central challenge to these three avant-garde currents, but also to the European cultural and social paradigm, as well as to the development of integral currents worldwide.