Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie (Nov 2021)
The Performance of Beethoven’s “Diabelli Variations”. Continuity, Discontinuity, Cyclic Integration, Irony
Abstract
This essay explores the performance challenges of Beethoven’s “Diabelli Variations”; it is paired with the author’s own studio recording of the work coordinated with the musical score. The commentary seeks to address issues of compositional genesis, motivic development, musical character, and formal shaping, while keeping aesthetic matters in view. Beethoven’s transformations of Anton Diabelli’s waltz — which the composer described in a letter as a “SchusterFleck” (“cobbler’s patch”) — indulge in persiflage, irony, and parody, qualities that invite critical scrutiny. Beethoven was sometimes compared during his lifetime to Jean Paul, whose concept of humor as “the inverted sublime” and notion of a tensional duality of the Great and the Small applies well to Beethoven’s most paradoxical composition. How can we best shape this cycle as a whole in performance, while doing justice to its vivid contrasts and rich allusiveness? Numerous performance recommendations emerge from the integrated consideration of historical documents, musical analysis, and aesthetic reflection. Since the subject concerned here is animate rather than inanimate, it is not well grasped from just an objectivist, factual perspective. Dieser Beitrag untersucht die interpretatorischen Herausforderungen von Beethovens ›Diabelli-Variationen‹; er ist eng bezogen auf die mit der Partitur synchronisierte Studioaufnahme des Werkes durch den Verfasser. Der Kommentar behandelt Fragen der kompositorischen Entstehungsgeschichte, der motivischen Entwicklung, des musikalischen Charakters und der formalen Gestaltung des Zyklus, wobei ästhetische Gesichtspunkte ebenso im Blick behalten werden. Beethovens Veränderungen des Walzers von Anton Diabelli – den der Komponist in einem Brief als ›SchusterFleck‹ bezeichnete – schwelgen in Persiflage, Ironie und Parodie, Qualitäten die einer kritischen Untersuchung bedürfen. Zu Lebzeiten wurde Beethoven manchmal mit Jean Paul verglichen, dessen Konzepte des Humors als ›umgekehrtes Erhabenes‹ und eines spannungsvollen Dualismus zwischen dem Großen und dem Kleinen sich gut auf Beethovens paradoxeste Komposition anwenden lassen. Wie kann der Zyklus als ganzer in der Interpretation bestmöglich gestaltet werden unter Berücksichtigung der lebendigen Kontraste und seines Anspielungsreichtums? Zahlreiche Empfehlungen zur Interpretation ergeben sich aus einer integrierten Betrachtung historischer Quellen, musikalischer Analyse und ästhetischer Reflexion. Insofern der betrachtete Gegenstand eher belebt als unbelebt ist, lässt er sich nicht aus einer bloß objektivistischen, sachlichen Perspektive erfassen.
Keywords