Zeitschrift für Praktische Philosophie (Jun 2018)

Erzählte Identität? Zur Kritik narrativer Demenz-Theorien

  • Daniela Ringkamp

DOI
https://doi.org/10.22613/zfpp/5.1.5
Journal volume & issue
Vol. 5, no. 1

Abstract

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Nicht nur in der Demenzethik, sondern auch in grundlegenden Fragen zum Personen-Status von Demenzbetroffenen sind Verweise auf narrative Modelle, die die personale Identität Demenzkranker aufzeigen sollen, populär. Ziel des Beitrages ist eine kritische Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen und argumentativen Problemen, die sich im Anschluss an diese ‚narrativen Demenztheorien‘ ergeben. Nach einer Einführung in die Begrifflichkeiten philosophischer Identitätskonzeptionen und einem exemplarischen Einblick in Modelle narrativer Demenztheorien werden Einwände gegen diese Positionen diskutiert. So ist zunächst unklar, welches Verständnis von ‚Narration‘ und ‚narrativer Identität‘ in narrativen Demenztheorien vorausgesetzt wird. Beim Versuch der Klärung des Begriffs einer ‚narrativen Identität‘ zeigt sich anschließend, dass sich narrative Demenztheorien nicht nur in Widersprüche verwickeln, sondern sich zudem Probleme ergeben, die aus der relationalen Struktur narrativer Demenztheorien resultieren und die u.a. in den von Peter Lamarque geäußerten Trivialitätseinwand münden. Soll die personale Identität Demenzbetroffener rekonstruiert werden, so empfiehlt es sich vielmehr, auf holistische Konzeptionen, die die gesamte Biographie einer Person narrativ aufarbeiten, zu verzichten und stattdessen episodische Artikulationen zu berücksichtigen, die die auch von Vertretern narrativer Ansätze geforderte Aufwertung des aktualen Erlebenszustandes der Betroffenen leisten können. Eine solche alternative Herangehensweise wird am Ende des Beitrags durch Einbezug der Ansätze Galen Strawsons und Jeff McMahans vorgestellt.

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