Schweizerische Zeitschrift für Bildungswissenschaften (Dec 2006)

Entwicklung von Lesefähigkeit: Massnahmen – Messungen – Effekte Ergebnisse und Konsequenzen aus dem Forschungsprojekt «Lese- und Schreibkompetenzen fördern»

  • Andrea Bertschi-Kaufmann,
  • Hansjakob Schneider

DOI
https://doi.org/10.24452/sjer.28.3.4734
Journal volume & issue
Vol. 28, no. 3

Abstract

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Im Anschluss an die Ergebnisse der Studien PISA 2000 und 2003 fragt die Interventionsstudie Lese- und Schreibkompetenzen fördern nach der Effektivität von schulischen Massnahmen für die Leseleistungen von Kindern und Jugendlichen, wobei ein umfassendes (nicht einzig auf Funktionalität ausgerichtetes) Modell von Lese-kompetenz zugrunde gelegt wird. Konkret sind in 61 Schulklassen (3./4. und im 7./8. Schuljahr; ca. 1’100 Schüler Innen) zweierlei Unterrichtsmethoden zur Anwendung gekommen: einerseits die Förderung im Rahmen einer offenen Anlage, welche interessegeleitetes, individuelles Lesen unterstützt, und andererseits ein eng geführtes, systematisches Trainingsprogramm. Zur Messung der Lernfortschritte dient ein Ensemble von Instrumenten: Mit Fragebögen werden Einstellungen und literales Verhalten in der Freizeit erhoben, literale Leistungen werden mit verschiedenen Testinstrumenten (Stolperwörtertest, ELFE und der eigens entwickelte Test zur Ermittlung empathischer Leseleistung TELL) gemessen, so dass differenzierte Resultate zur Wirksamkeit der verschiedenen Fördermethoden bezüglich verschiedener Teilstichproben und Teilbereiche von Lesekompetenz präsentiert bzw. Aussagen zu den Effekten gemacht werden können. Zum Zeitpunkt t1, nach der ersten Intervention bzw. der Förderung des interessegeleiteten Lesens in der offenen Unterrichtsanlage, lässt sich – gegenüber dem herkömmlichen Unterricht – ein stärkerer Zuwachs der Leseaktivität und insbesondere des Freizeitlesens beobachten, umgekehrt sind Basiskompetenzen im herkömmlichen Unterricht besser entwickelt worden. Zudem zeigen sich differentielle Wirkungen bei Kindern und Jugendlichen. Die Gründe, weshalb der interessegeleitete Unterricht auf der Primarstufe kaum Wirkungen auf Einstellungen, Verhalten und Kompetenzen haben, sind allerdings noch nicht aufgeklärt. Möglicherweise ist der Gewinn des interessegeleiteten Lesens beim frühen Lesenlernen deshalb gering, weil während dieser Phase der Erwerb der Basisfertigkeiten im Vordergrund steht und weniger das Interesse an Leseinhalten. In den bisherigen Ergebnissen zeigt sich nämlich insgesamt, dass es sich bei der «Lesekompetenz» nicht um ein homogenes Konstrukt, sondern um ein Konglomerat verschiedener Kompetenzdimensionen handelt, wobei sich die dazu gehörenden Teilfähigkeiten mit unterschiedlichen didaktischen Massnahmen stimulieren lassen.