Open Library of Humanities (Mar 2023)
Musikalische Autonomie und das Gesamtkunstwerk: Eduard Hanslick und Richard Wagner im Dialog mit der Idealistischen Musikästhetik
Abstract
Der Kunstwert von ‚reiner‘ Musik—Musik ohne Programm, Überschrift und Text—geriet mit dem Niedergang des mimetischen Kunstprinzips im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert zum Problem (nicht nur) der idealistischen Musikästhetik. Kants Kritik der Urteilskraft (1790), die auf kommende Ästhetiker_innen besonders nachhaltig wirkte, zog sogar den Status der Musik als Kunst generell in Frage und formulierte ein Dilemma, das mit innovativen Ansätzen überwunden werden musste. Im Hinblick auf dieses Dilemma setzt mein Artikel die Ästhetik der ‚absoluten Tonkunst‘ von Eduard Hanslick und die Idee des ‚reinmenschlichen‘ Gesamtkunstwerks von Richard Wagner in direkten Dialog mit der idealistischen Musikästhetik. Wagners und Hanslicks Konzepte von ca. 1850 werden hierbei als Lösungsstrategien der idealistischen Problematik interpretiert und folglich gezeigt, dass Gesamtkunstwerk und musikalische Autonomie als ästhetische Positionen die gleiche Wurzel haben und als Seiten der gleichen Medaille gelesen werden können. Die beiden Autoren vereint trotz bekannter disparater Ansichten die von idealistischen Philosophen gestellte Diagnose, dass ‚reine‘ Musik semantisch mangelhaft sei und Gefühle, Begriffe und Gegenstände nicht zweifelsfrei ausdrücken könne. Ohne Eduard Hanslick und Richard Wagner als Idealisten aufzufassen oder ihre jeweilige Ästhetik gar auf den Deutschen Idealismus zu reduzieren, soll durch diese Arbeit gezeigt werden, dass sich die Antipoden unter diesem Gesichtspunkt näher waren, als meistens vermutet wird.Banner image: Eduard Hanslick and Richard Wagner. Silhouette by Otto Böhler. ÖNB, Bildarchiv Austria, Inventarnummer Pf 5786 : D (1) (https://www.bildarchivaustria.at/Pages/ImageDetail.aspx?p_iBildID=14690029).
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