Forum: Qualitative Social Research (Sep 2023)

Konventionen von Gütekriterien empirischer Sozialforschung qualitativ verstehen

  • Christian Schneijderberg

DOI
https://doi.org/10.17169/fqs-24.3.3994
Journal volume & issue
Vol. 24, no. 3

Abstract

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Im Beitrag gehe ich der Forschungsfrage "für welche Konventionen stehen Gütekriterien empirischer Sozialforschung?" nach. Zum Verstehen der Konventionen führe ich eine deduktiv-qualitative Untersuchung von Lexikontexten zu Gütekriterien qualitativer, nicht-standardisierter und quantitativer, standardisierter Sozialforschung sowie der Gütekriterienvorschläge qualitativer Forschung von STRÜBING, HIRSCHAUER, AYAß, KRÄHNKE und SCHEFFER (2018) durch. Die deduktive Kodierung basiert auf Kategorien der idealtypischen Wertordnungen nach BOLTANSKI und THÉVENOT (2014 [1991]). Aus der vergleichenden Konventionenanalyse extrahiere ich zehn Konventionen empirischer Sozialforschung, welche ich in drei Gruppen ordne: kognitive Konvention des Social Science Engineering (Mechanikkonvention), kognitiv-soziale Konventionen des Forschungsprozesses (Angemessenheitskonvention [inkl. intersubjektiver Nachvollziehbarkeit], Entdeckungskonvention und Iterations- und Distanzierungskonvention) und die sozio-kognitiven Konventionen der empirischen Sozialforscher*innen (Forscher*in-Ausblenden-Konvention, Mandarin*in/Meister*in-Konvention, Expert*in/Spezialist*in-Konvention, Forschungslyrikkonvention, Popularitätskonvention und Methodenbegriffskonvention). Die Anwendung der Konventionen auf die Gütekriterienvorschläge von OTTE et al. (2023) zeigt, dass die Gütekriterienvorschläge der analytisch-empirischen Soziologie im Kern die Konventionen der quantitativen Sozialforschung (Forscher*in-Ausblenden-Konvention und Mechanikkonvention) reproduzieren – ergänzt um die Forschungslyrikkonvention (Stichwort "textuelle Performanz", STRÜBING et al. 2018, S.93). Die Konventionenanalyse beende ich mit einem Plädoyer für einen substanziellen Methodenbegriff von Gütekriterien empirischer Sozialforschung (Methodenbegriffskonvention), welcher epistemologisch und methodologisch auf den Forschungsprozess (Angemessenheitskonvention, Entdeckungs- und Iterations- und Distanzierungskonvention) fokussiert und die sozio-kognitive Rolle von empirischen Sozialforscher*innen im Forschungsprozess angemessen berücksichtigt.

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