Linguistica (Oct 2019)

Zu einigen Aspekten des Deutschen als Kontaktsprache des Slowenischen

  • Uršula Krevs Birk

DOI
https://doi.org/10.4312/linguistica.59.1.155-173
Journal volume & issue
Vol. 59, no. 1

Abstract

Read online

Die Mehrdimensionalität des Sprachkontaktes zwischen Deutsch und Slowenisch zeichnet sich in der Vergangenheit und Gegenwart durch eine ausgesprochen hohe Kontaktfrequenz, -vielfalt und -intensität aus, die in der jahrhundertelangen Geschichte beider Kontaktsprachen begründet ist. Im späten Mittelalter kamen außer dem deutschsprachigen Adel und Klerus auch Fachkräfte und Beamte mit ihren Familien als Ansiedler, andererseits auch Kolonisten, die in Zarz/Sorica und Deutschruth/Rut wie auch der Gottschee/Kočevsko ansässig wurden. 1918 wurden die Deutschen im neu gegründeten Staat zur Minderheit, durch die Grenzziehung auch die Abstaller Deutschen. Die Zarzer Sprachinsel wurde assimiliert, die Gottscheer Minderheit, die einst größte Sprachinsel, löste sich infolge der Umsiedlung und Vertreibung auf. Unter den zahlreichen Kontaktsprachen des Deutschen ist das Slowenische sowohl seine autochthone als auch seine allochthone Kontaktsprache. Autochthon ist sie nach wie vor im Süden des zusammenhängenden deutschen Sprachraums, im zweisprachigen Kärnten und Teil der Steiermark, als allochthone Sprache ist es eine von vielen Migrantensprachen auf dem geschlossenen deutschsprachigen Gebiet infolge von verschiedenen Auswanderungswellen seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Aus der Sicht des Varietätenkontaktes stand das Slowenische durch die Zeit hindurch in Kontakt mit allen hochdeutschen Chronolekten. Diatopisch steht das Slowenische nach wie vor mit dem Südbairischen in Kontakt. Diastratisch ist als Gebersprache Deutsch mit wienerischer Prägung bedeutsam. Aufgrund von Konvergenzprozessen wurden im Kontaktareal Altösterreich aus dem Deutschen viele Lehnwörter ins Slowenische übernommen und einige wenige auch aus dem Slowenischen ins Deutsche. Zeugnis intensiver interkultureller Einwirkungen sind auch ausgewählte Toponymika beider Sprachen, da viele deutsche Toponyme slowenisches und viele slowenische Toponyme deutsches Sprachmaterial aufweisen. Auch deutsch-slowenische toponymische Namenpaare widerspiegeln die historische und aktuelle Mehrsprachigkeit.

Keywords