Eiszeitalter und Gegenwart (Jul 2016)
Multiproxy-Untersuchungen zur Paläoökologie und -hydrologie eines spätglazial- bis frühholozänen Flachsees im nordostdeutschen Küstengebiet (Glowe-Paläosee/Insel Rügen)
Abstract
Vorgestellt werden die Ergebnisse von Multiproxy-Untersuchungen an einem 3 m langen Sedimentprofil des Glowe-Paläosees, welches den Zeitraum Prä-Bølling bis mittleres Präboreal umfasst. Die spätglazial-frühholozäne Landschaftsentwicklung, die Klimaschwankungen, Gewässerentwicklung, Seespiegelvariation und Vegetationsgeschichte umfasst, wird mit Hilfe von Pollen-, Diatomeen-, Makrorest-, Mollusken- sowie sedimentologisch-geochemischen Analysen und 14C-Datierungen rekonstruiert. Der Paläosee entstand mit Schwinden des Permafrostes im Bølling und entwickelte sich im Allerød zu einem 3–4 m tiefen, artenarmen, makrophytenreichen Stillgewässer. Die Vegetationsbedeckung ging in der Jüngeren Dryas stark zurück, um im Präboreal schnell mit höherer Dichte zurückzukehren. Phasen kühleren Klimas können mit der Gerzensee-Schwankung, der Jüngeren Dryas sowie der Rammelbeek-Schwankung parallelisiert werden, die palynologisch jeweils zweigeteilt sind. Eindeutige Hinweise auf die Ältere Dryas fanden sich dagegen nicht. Die kühlen Phasen waren mit verstärkten allogenen Materialeinträgen in den See verbunden, wobei in der Jüngeren Dryas überwiegend solifluidale, in der Gerzensee- und in der Rammelbeek-Schwankung fluviale Transportprozesse dominierten. Die markanteste Veränderung der paläoökologischen Parameter des Paläosees wurde durch die schnelle Erwärmung zu Beginn des Präboreals verursacht. In den wärmeren Klimaphasen wurde die Vegetationsentwicklung beeinflusst durch die Nähe des Baltischen Eissees, die zu einer gegenüber südlicheren Gebieten verzögerten Ausbreitung der Kiefer führte. Die länger andauernden Klimawechsel bestimmten auch die Variation in der chemischen Zusammensetzung der Sedimente, der Diatomeenflora und der Makrophytenvegetation. Kleinskalige Schichtwechsel vor allem im älteren Teil des Profils können bisher nicht erklärt werden. Aus dem aufgeschlossenen Schichtenverlauf wird eine Kurve der Seespiegelentwicklung abgeleitet, die einen schnellen Anstieg im frühen Allerød und einen verlangsamten Anstieg bis zum Höchststand in der Jüngeren Dryas erkennen lässt. Im frühen Präboreal setzte eine schnelle Senkung des Seespiegels ein, die im mittleren Präboreal zur Verlandung des Sees führte.